Gefürchtete Krieger: Die Bogenschützen der Philippinen

Die Philippinen sind im Westen vor allem bekannt für die Stockkampf-Stile Eskrima, Arnis und Kali. Deren Techniken basieren zum großen Teil auf dem Schwertkampf indigener Stämme. Doch die vormodernen Krieger des Inselreichs meisterten auch andere Waffen. Besonders gefürchtet waren die Bogenschützen.

Praktisch alle Stämme der Philippinen verwendeten Pfeil und Bogen als Waffen. Für die Jagd oder zum Fischen wurden meist relativ kurze Bögen eingesetzt. Ihre Spitzen wurden aus Eisen, Palmholz oder Bambus gefertigt. Doch Bogenschützen kämpften auch gegen rivalisierende Stämme. Ihre Kriegsbögen waren in der Regel länger als die Jagdbögen. Oftmals überragten sie den Schützen. Sie wurden vertikal gehalten und mit dem unteren Ende auf den Boden aufgestellt. Der Schütze spannte die Sehne mit den Fingern und konnte so eine hohe Treffergenauigkeit erzielen.

Bogenschützen im Dienste der Kolonialmacht

Während der Kolonialzeit kämpften viele Stämme gezwungenermaßen auf der Seite der Spanier. Im Jahr 1578 zog der Gouverneur Francisco de Sande in Manila eine Streitmacht zusammen, um die Insel Borneo im Süden anzugreifen. An dieser Expedition nahmen auch etwa 1.500 philippinische Bogenschützen von der Hauptinsel Luzon und aus den Visayas teil. Der mit großem Aufwand aufgeführte Feldzug erreichte sein Ziel: Der Sultan von Brunei musste sich der spanischen Krone beugen und wurde zum Vasallen.

Im Laufe der Zeit entwickelten die verschiedenen Stämme der Philippinen sehr unterschiedliche Bogen-Modelle. Sie variierten in Form und Größe der Bestandteile ebenso wie in den verwendeten Materialien. Auch die Technik des Schießens unterschied sich von Insel zu Insel. Die von den Spaniern wegen ihrer dunklen Haut als „Negritos“ bezeichneten Angehörigen der Urbevölkerung perfektionierten die Verwendung von Eisenspitzen. Häufig statteten sie ihre Pfeile mit ebenso raffinierten wie brutalen Widerhaken aus.

Die muslimischen „Moros“ im Süden setzten sogar vergiftete Pfeile ein. Ihre Bögen fertigten sie aus dem besonders ebenmäßigen Holz aus dem Herzen der Palme. Diese Bögen wurden stundenlang mit Kokosnussöl poliert, um fein und geschmeidig zu werden. Einige Moro-Stämme hielten Pferde, die sie auch im Kampf ritten. Die Langbögen konnten nicht vom Pferderücken aus geschossen werden. Dennoch entwickelten die Krieger keine kürzeren Bögen wie etwa die amerikanischen Ureinwohner. Sie schossen ihre Pfeile weiterhin im Stehen ab.

Eine fast vergessene Tradition

Ende des 17. Jahrhunderts besuchte der italienische Abenteurer Giovanni Francesco Gemelli Careri die Philippinen. In seinen Reiseerinnerungen beschrieb der Weltreisende die Bewohner der Region Zambales im Norden der Hauptinsel Luzon. Die Krieger trugen neben Speer und Messer auch Langbögen als Waffen. Die Kriegsbögen hatten Pfeilspitzen aus Stein. Sie wurden angebohrt, sodass sie im Körper zersplitterten. Deshalb rissen sie furchtbare Wunden. Im tropischen Klima konnten sich daraus schnell lebensgefährliche Infektionen entwickeln. Auch ein vermeintlich harmloser Treffer konnte zu einem schmerzhaften Tod führen.

Das mussten auch die US-amerikanischen Soldaten im Philippinisch-Amerikanischen Krieg 1899 bis 1902 feststellen. Im Dschungelkampf setzten viele Filipinos weiterhin Pfeile und Blasrohre ein. Letztlich konnten sie jedoch keinen Sieg gegen die überlegene Streitmacht erringen. Im Laufe des Zwanzigsten Jahrhunderts verschwanden die meisten Traditionen des Bogenschießens. Teilweise sind sie ganz in Vergessenheit geraten. Eine Ausnahme bilden die Aeta in der nördlichen Zambales-Region. Der Stamm, der den Negrito zugerechnet wird, bewahrt die althergebrachte Kunst des Bogenbauens und –schießens in vielen Facetten. Allerdings wird die heute nur noch zur Jagd von Tieren eingesetzt.

Foto: Negrito-Bogenschützen Ende des 19. Jahrhunderts
(aus: Alden March: The History and Conquest of the Philippines and Our Other Island Possessions, Philadelphia 1899)


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